Lauf durch den Winter

Aus EnzyklopAtys

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en:Running in the winter
es:Correr en invierno
fr:Courir dans l'hiver
 
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Übersetzung zur Überprüfung
Gib nicht den Mitwirkenden die Schuld, sondern komm und hilf ihnen. 😎

Die Geschichte die ich euch erzählen will, basiert auf einer alten Tradition der Matis von der ich einmal gelesen habe. Ein alter Freund hat im Rahmen dieser Tradition etwas erlebt, von dem er mir erzählt hat. Ich habe daraus eine Geschichte gemacht.

Sein Name war Collix und er erzählte mir, was er hier in Matia erlebt hatte. Ich erzähle die Geschichte aber aus der Sicht eines jungen Matis.

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Cillis hatte Angst. Aber, wie alle jungen Matis in seinem Alter wollte er es nicht zeigen. Nicht vor all den anderen auf dem Platz am Karavan-Schrein versammelten Matis und schon gar nicht vor seiner Lauf-Partnerin. Die schwebende Maschine aus dem setlsamen Material des Karavan surrte und summte über ihren Köpfen. Ihre Wächter schauten teilnahmslos herüber und hielten die Umgebung im Auge.

Vorsichtig schielte der junge Matis hinüber zu Nehi. Sie wirkte gefasst und ruhig, ihr nussbraunes Haar war zu einem Schweif hinter ihren Kopf gebunden und ihre milchfarbene Haut schimmerte leicht in der Morgensonne. Sie umklammerte den Paar-Stab, knapp oberhalb seiner Hand. Ihr Griff war fest und die Knöchel traten leicht hervor.

Die Kinder kannten sich seit langer Zeit und hatten sofort nach der Auslosung vor 2 Wochen angefangen den Lauf zu trainieren.
Er mochte Nehi, nur eine Sache störte ihn an ihr. Wenn er das etwa einen Kopf größere Mädchen anschaute, fühlte er einen seltsamen Druck in der Brust. So als ob etwas aus ihm heraus wollte, aber nicht konnte. Sie war eine gute Laufpartnerin und trotz ihrer längeren Beine passte sie sich an seine Geschwindigkeit an und achtete darauf nicht zu sehr an dem Paar-Stab zu zerren. Der etwa 3 Ellen lange, glatte Stab aus dunklem Holz machte es auch so nicht grade leicht querfeldein durch den Wald zu laufen.

Gespannt lauschte sie auf die Worte des Intendanten von Yrkanis. Auch Cillis Aufmerksamkeit wurde zurück zu ihm gezogen.
"Homins!" hob der Intendant die Stimme.
"Stolze Matis! Wieder einmal vollendet ein Zyklus seinen ewigen Kreislauf. Und wieder einmal finden wir uns hier ein, um diesen Tag zu feiern und den traditionellen Lauf der Kinder zu begehen."
Verhaltener Beifall unterstrich seine Worte. Hier und da war ein Laut des Jubels zu hören.
Jedoch nicht von den Läufern. Sie alle waren gespannt und manche wirkten nervös wie Yubo-Wöchlinge. Er hoffte, dass die Anderen sein zittern nicht auf die Aufregung zurückführen würden, sondern auf die Kälte die langsam durch seine dünne Jacke kroch. Der Intendant fuhr fort:
"Wie zu jedem Zyklus-Wechsel seit der Einkehr in die Neuen Lande, haben sich auch dieses Mal viele junge Matis hier eingefunden, die ihre Stärke, ihren Mut, ihr Geschick, ihre Ehre und ihre Zähigkeit beweisen möchten. Und um uns uns, ihrem Volk, zu zeigen das sie zu den Besten gehören die unser Vlk zu bieten hat."
Jubel brach nun unter den versammelten Homin aus. Cillis badete in dieser Aufmerksamkeit und jedes Beifall Klatschen vertrieb ein wenig seiner Angst.

Whamm!
Ein Schneeball klatschte ihm an den Hinterkopf. Der junge Matis ruckte herum und sah Bunis, diesen arroganten Sohn des Leutnants der Palastwache, der sich langsam und überheblich die rechte Hand an seinem Wams abwischte. Sein Laufpartner Cordesi grinste wie ein Gingo in Cillis Richtung. Nehi drehte sich ebenfalls um und starrte das Paar hinter ihnen kalt an.
"Das Mädchen Paar wird es ohnehin nicht einmal bis zu den Grünen Samen schaffen." zischte Bunis.Und um ihn herum kicherten andere Lauf-Paare hämisch hinter vorgehaltenen Händen.

Noch ehe Cillis etwas erwidern konnte ertönte erneut die Stimme des Intendanten:
"Die hier anwesenden 20 Paare werden in wenigen Minuten ihren Lauf durch den Winter antreten. Sie alle werden es nicht leicht haben. Und sie alle werden geprüft werden. Überall in den Wäldern sind wie immer erfahrene Späher postiert, die über das Verhalten und die Vorgehensweise der Paare bericht erstatten werden. Wie jedes Jahr gibt es nur eine Regel: Niemand darf verletzt werden! Ansonsten ist den Läufern alles erlaubt, das ihnen Vorteile bringt. Die Strecke führt wie jedes Jahr von Yrkanis, über Natae, Davae, nach Avalae. Dort wird mein Kollege Euch empfangen und nachdem er die Berichte der Kundschafter gehört hat, die Sieger bestimmen."

Cillis schaute erneut zu Nehi hinüber. Sie war schlank und kräftig. Einen Sommer jünger als er und doch größer. Sie tippelte auf der Stelle, wie viele der wartenden Kinder, ihre leichten Stiefel nicht geschaffen für den Schnee. Auch Cillis Zehen kribbelten leicht, aber er wollte nicht dass man ihn für einen kleinen Yubo hielt. Es war Tradition, dass der Lauf nur in leichter Flüchtlings-Kleidung zurückgelegt wurde. So wie es die ersten Boten zwischen den noch unfertigen Städten vor langer Zeit taten, da ihnen die Materialien für festeren Stoff fehlten.

"Lasst uns nun zum Stadttor gehen!", rief der Intendant.
"Auf Homins! Euer Lauf beginnt jetzt!"
Mit diesem Ruf des Stadt-Empfängers startete das erste Paar. Die beiden Mädchen liefen, den Stab fest zwischen sich umklammert, die Straße entlang. Ein sicheres Zeichen dafür dass sie nicht auf den Sieg aus waren und nur den Lauf hinter sich bringen wollten.
Da der Weg über die abgegrenzte Straße länger und leichter war als direkt durch den Wald und den dort liegenden, tieferen Schnee.

Noch drei Paare vor ihm und Nehi. Sie lächelte ihn an. Ihm wurde warm… Doch nun sah er, dass auch sie fürchterlich nervös war. In ihren Augen leuchtete die Aufregung und ihr Atem kam in schnellen, kleinen Wolken über ihre Lippen.
"Na, was meinst Du? Wald oder Weg?"
Ein wenig überrascht von dieser Frage und beschämt da sie ihn für einen Feigling hielt, geriet Cillis Stimme ein wenig ins Stocken. Seine Antwort klang nun gar nicht so selbstbewusst wie sie sollte:
"Eh?.. W...Wald. – WALD! – natürlich!"
Nehi lächelte ihn weiter an und schien zufrieden damit. Hatte sie wirklich gedacht er würde den einfachen Weg wählen? Er war zwar nicht so groß und stark wie Bunis, aber er war sich sicher, es würde reichen.

Hinter ihnen flüsterte Cordesi seinem bulligen Laufpartner etwas ins Ohr, woraufhin dieser in prustendes Gelächter ausbrach. Cillis schaute über die Schulter und sah wie der schlaksige Kerl etwas in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Als Bunis seinen Blick bemerkte, entblößte dessen Mund eine Reihe großer Zähne in einem hämischen Grinsen.
"Du weißt doch Kleiner. Keine Regeln außer einer. Passt auf das ihr Euren Stab nicht los lasst."
Mit der flachen Hand stieß ihn der größere Junge in den Rücken und trieb Cillis einen Schritt vor, so das sein und Nehis Arm am Paar-Stab gestreckt wurde. Es galt als "mogeln" und tölpelhaft, wenn einer der Läufer die Hand vom Stab ließ. Ein Teil der Herausforderung war es gemeinsam zu laufen.

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Nun war es an Cillis und Nehi. In wenigen Momenten würden auch sie ihren Lauf beginnen. Die Hände des Jungen Matis wurden langsam feucht vor Schweiß. Und sein Atem dampfte in einer dichten Wolke vor ihm, wie der eines aufgeregten Bodocs.
"Auf Homins! Euer Lauf beginnt jetzt!"
Wie sie es trainiert hatten, liefe beide mit dem rechten Bein zuerst los und bemühten sich einen steten Rhythmus in ihre Bewegungen zu bringen. Direkt nach verlassen des Tores bogen sie in den Wald hinein ab, den direkte Weg zur Matis Arena einschlagend und den Spuren ihrer Vorläufer folgend. Es war nicht leicht im Schnee Gleichschritt zu wahren. Cillis Herz pochte ihm bis zum Hals. Trotz des Trainings und der Kälte kamen sie schnell ins Schwitzen und beide Kinder wussten, Weiter hasteten sie unter großen Wurzeln hindurch und an Bäumen vorbei, aufgeschreckte Yubos vor sich her treibend. Die karge, glatte Wand des riesigen Holz-Konstruktes, das als Matis Arena bekannt war kam in Sichtweite und die Morgensonne glitzerte auf den an ihr hängenden Eiszapfen. Die Kinder wanden sich zwischen den mannshohen Wurzelbögen hindurch, die das riesige Gebilde umschlangen und vorbei an seinem Eingang. Weiter Richtung Natae.

Der Empfänger der Siedlung nickte ihnen schon von weitem zu und band ihnen in einem kurzen Moment der Rast, das erste, blaue Band um den Stab. Zum Beweis das sie diese Etappe gemeistert hatten. Nun stand jedoch die schwierigste Wegstrecke vor ihnen.
Durch den dichten Wald, am Rand des Plateaus entlang auf dem sich die grünen Anhöhen befanden.

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Kaum hatten sie einige hundert Meter zurückgelegt und den Klippenrand erreicht, sahen sie schlanke Körper von Raubtieren durch das Unterholz huschen. Die Kinder stoppten ihren Lauf abrupt.
"Verdammt., flüsterte Nehi, Wenn das Rudel uns bemerkt, kann uns nur noch Jena retten."
Ihr violetter Blick verriet Angst und Cillis war sicher, das seine Freundin in seinen grünen Augen deutlich erkennen konnte was er gerade dachte. Vorsichtig trat er einen Schritt zurück.
"Hilfe! Hört mich jemand!? – HILFE!!"
Die tiefe Stimme eines Mannes, weiter vorn. Die jungen Matis blickten einander erschrocken an. "Die Ragus haben da jemanden eingekreist." Cillis spürte wie seine Stimme bebte. Nehi nickte nur stumm. In ihrem Blick stand die unausgesprochene Frage. Die Gedanken des Jungen überschlugen sich. Er griff sich ins grün gefärbte Haar und zog nervös an einer langen Strähne. Nehi kaute auf ihrer Unterlippe und beiden schlotterten die Knie vor Kälte, Anstrengung und Angst. Dann jedoch machte Nehi einen Schritt nach vorn. Cillis schaute sie überrascht an. Sie nickte.

Wie ein Homin stürmten die beiden Halbwüchsigen vor. Laut brüllend und johlend. Cillis griff einen Ast vom Boden und schwang ihn über seinem Kopf. Die Ragus schreckten auf und stoben in instinktiver Flucht zunächst auseinander, doch würden sie sich bald von ihrem Schrecken erholen und ihr Rudel war mit Sicherheit stärker als die Kinder.
"Hallo?! Den Kami sei Dank. Helft mir. Zieht mich hoch!!!"
Die Stimme kam von unterhalb der Klippe. Vorsichtig traten sie vor um über den Rand hinweg zu spähen. Dort unten, in etwa 3 Metern tiefe, hockte ein Homin auf einem schmalen Vorsprung in der Steilwand. Der rothaarige, kräftige Mann schaute zu den Kindern auf und deutliche Erleichterung sprang auf seine harten, kantigen Züge. Vorsichtig kam er auf die Beine. Seine Haut war braun und wettergegerbt, doch seine Augen leuchteten gelblich, golden wie Bernstein. Er trug das Wams eines Boten der Imperialen Gilde von Pyr.

"Ein Fyros?" entfuhr es Nehi.
Sie starrten auf den Homin herunter, der nervös zu ihnen empor lächelte.
"Ja. Da staunst Du, was? - Aber, wo sind Eure Eltern. Vertreiben sie diese Mistviecher?", sprach er mit überraschend leichtem Akzent.
"Ehm – Nein... Unsere Eltern sind in Yrkanis."
Nehi stieß Cillis ihren Ellenbogen in die Seite und der Junge wollte schon protestieren, als er den Ausdruck im Gesicht des Fyros sah. Verzweiflung.

"Was? Aber... Wie soll ich dann wieder dort hoch kommen? Und was macht ihr wenn die Tiere wiederkommen?"
Die Kinder blickten sich an.
"Wie müssen ihm helfen.
Cillis schaute in die Augen seiner Freundin und sein Magen krampfte sich zusammen. Sie nickte erneut. Cillis lies den Stab los.
"Was machst Du?"
"Es hat keiner gesehen und du bist kräftiger als ich. Lass den Stab zu ihm runter damit er sich daran hochziehen kann. Ich halte Dich fest."
Kurz legte sich ein seltsamer Ausdruck auf Nehis Gesicht, dann nickte sie entschlossen und ließ sich auf den Bauch nieder. Cillis griff ihre Beine und stemmte sich mit aller Kraft und seinem ganzen Gewicht nach hinten. Der Stab reichte gerade an die ausgestreckten Hände des Fyros heran. Er tat einen Satz und ein scharfer Ruck ging durch Nehis Schultern. Sie knirschte mit den Zähnen und fühlte wie sich Cillis Griff um ihre Knöchel noch verstärkte. Und doch rutschte sie ein kleines Stück nach vorn.
"Nicht loslassen!"
Entfuhr es dem Fyros, dessen Füße nun über dem Abgrund baumelten.
Eine Hand über die andere setzend zog er sich langsam an der eisglatten Holzwand empor.
"Ich rutsche!" hörte Nehi ihren Freund zwischen den Zähnen hindurch pressen.
Schon spürte sie die Bewegung auf dem vom Schnee glatten Boden.

"Los! Sie können nicht viel weiter sein! Die holen wir ein!", drang ein leiser Ruf aus dem Wald an Cillis Ohren.
Bunis! Cillis Kopf ruckte herum und dort kamen ihre beiden Konkurrenten in einiger Entfernung vorbei gerannt.
Der bullige Junge zog seinen schmächtigeren Partner förmlich mit sich durch den Schnee.
"Bunis! Cordesi! Helft uns! – Hier!!"
Kaum war Cillis Schrei erklungen stoppten die beiden Läufer und blickten sich um. Cordesi erspähte ihn zuerst und setzte sofort zum Sprint in seine Richtung an. Doch wurde er jäh zurück gerissen. Bunis zog ihn in entgegengesetzter Richtung davon. Cillis Herz blieb fast stehen. Er konnte es nicht fassen. Bunis, dieser Sohn eines Gingos! Ein wilder Fluch, aufgeschnappt von seinem Vater, entfuhr ihm. Aus der Schlucht vor ihnen erklang ein lautes:
"Ooh!! Haltet Durch Kinder! Bitte!!"
Nehi stöhnte. Die Muskeln ihrer schlanken Arme traten hervor wie zum Bersten gestreckte Seile.

Da hörte Cillis das Knurren hinter sich. Eine schnelle Bewegung im Unterholz links von ihm. Kurz darauf rechts und das hustende Bellen eines Ragus.
"Sie kommen zurück!"
"Jena, wir schaffen das nicht, stieß Nehi hervor, er ist zu schwer."
"Durchhalten Kinder. Ihr habt es gleich geschafft. Nur noch ein kleines Stück."
Die Worte klangen nervös und kurzatmig.
Cillis zuckte zusammen als er erneut eine Bewegung neben sich sah. Ein großer, schlanker Ragus wagte sich näher an sie heran und ein heiseres Knurren drang aus seiner Schnauze.

Die Ohren dicht an den Körper gelegt kauerte sich das Tier auf die Hinterbeine und setzte zum Sprung auf seine wehrlose Beute an. Cillis ließ Nehis rechtes Bein los. Sie rutschten ein Stück nach vorn und seine Freundin und der Fyros über der Schlucht Schrien fast gleichzeitig erschrocken auf. Cillis griff den noch neben ihm im Schnee liegenden Ast und schwang ihn auf das heran springende Tier. Krachend schlug der Ast gegen den Schädel des Ragus, dessen eigener Schwung ihn nun über den Rand der Klippe katapultierte. Heulend, in einer Wolke aus Schnee, fiel der Räuber auf den Fyros zu. Um nicht von dem zappelnden Tier mitgerissen zu werden schwang dieser im letzten Moment zur Seite. Nehi ächzte schmerzerfüllt auf. Und wieder rutschten sie ein Stück weiter vor. Der Brustkorb des Mädchens hing nun schon fast ganz über dem Abgrund. Wenn einer von ihnen das Gleichgewicht verlor war Alles aus.

Ein zweiter und dritter Ragus erschienen. Und von den Geräuschen um ihn herum schätzte er, dass es mindestens noch 5 weitere Räuber waren. Der verzweifelte Junge schwang den Ast wild um sich und hielt so die Tiere zumindest vorerst davon ab ihn anzuspringen. Lange würden sie das jedoch nicht durchhalten. Ein Stoßgebet zu Jena formte sich in Cillis Kopf. Er wurde erhört.

Etwas knallte schräg hinter seinem Kopf in den Bäumen und ein Schneelawine donnerte herab und begrub einen Teil des Ragus Rudels fast unter sich. Die erschreckten Tiere tauchten in das nahe Unterholz. Noch einmal knallte es direkt neben einem der Ragus und das Tier jaulte kurz auf und lief davon. Wildes Geschrei und Rufe hallten durch den Wald.
Durch die Bäume kam eine Gruppe Kinder heran gerannt, Äste und Stäbe schwingend. Allen voran Bunis der seinen Stab wie eine Keule nutze, um nach den Raubtieren zu schlagen. Er stieß einen lauten Triumphschrei aus als die Ragus Fersengeld gaben. Neben Cillis blieb er stehen, ließ seinen Stab fallen und packte Nehis rechtes Bein. Zwei weitere Jungen fielen neben Nehi in den Schnee und griffen je einen Arm des Fyros. Zwei Mädchen schnappten sich Nehis Wams und zogen daran. Gemeinsam wuchteten sie den Mann über die Kante des Abgrundes und fielen rittlings in den Schnee. Schwer atmend lagen sie nebeneinander. Cillis starrte in den Himmel, wo Jenas Krone, der große Ringplanet, auf ihn herabblickte.

Mit einem mal trat Cordesi in sein Blickfeld :
"He ihr zwei. Gemütlich da unten?" grinste er.
Cillis bemerkte das Bunis Arm auf seiner Brust lag. Erschreckt stieß er ihn von sich und ruckte hoch. Nehi hockte links neben ihm und lächelte ihn an. Der Junge spürte deutlich wie das Blut in seine Ohren rauschte und Hitze in seinem Gesicht aufstieg. Die beiden Mädchen die Nehi geholfen hatten kicherten und Cordesi brach in schallendes Gelächter aus.

Dann wurde Cillis mit einem Mal empor gerissen, als sich kräftige Arme um seinen Körper schlangen.
"Den Segen der Kami über Euch Kinder!"
Der Fyros setzte sich Cillis auf die Schultern und begann überschwänglich zu tanzen und sich auf der Stelle zu drehen.Dabei jubelte und jauchzte er in seiner Sprache. Nehi lachte und Bunis hielt sich den Bauch vor Lachen. Allerdings nahm Cillis nicht viel davon wahr. Ihm war danach in die Schlucht zu springen. Nur um dieser Peinlichkeit zu entkommen.

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In Davae war die Überraschung groß, als der kleine Trupp durch das Stadttor lief. Cillis noch immer auf den Schultern des Fyros, der sie den ganzen Weg über mit Liedern aus seiner Heimat unterhalten hatte und immer wieder den Segen der Kamigeister versprach. Cordesi hatte ihnen unterwegs gezeigt was er getan hatte um die Ragus zu vertreiben. In seinen Taschen verbargen sich eine Schleuder und einige Knallkugeln. Einfache Feuerwerkskörper die mehr Krach machten als alles andere,
"Oder auf andere Paare.", wie er grinsend hinzufügte.
Bunis gab zu das es seltsam ausgesehen haben musste als er seinen Partner von ihnen weg zog. Doch hatte er die Ragus im Wald gesehen und erkannt das sie allein kein Chance hätten zu helfen. Somit liefen sie in verschiedene Richtungen um die anderen Paare zur Hilfe zu holen.

Der Dorf-Intendant kam ihnen entgegen und verlangte zu wissen was passiert sei, das so lang erst kein Paar mehr ankam und dann eine solche Gruppe. Die Kinder begannen sofort zu plappern, doch der rothaarige Fyros hob beschwichtigend die Hände und bat mit lauter Stimme um Ruhe.
"Diese Kinder haben heute mein Leben gerettet. Ich danke Euch dafür, dass ihr diese Tradition Eures Volkes grad heute ausübt, wie sie mir berichteten."
Er berichtete kurz, in angemessenen Worten was vorgefallen war und betonte den Mut der Kinder. Besonders Nehi hob er hervor, die ihn so tapfer und lang gehalten hatte. Der Obmann hörte aufmerksam zu und nickte schließlich. Dann griff er in sein Wams und wandte er sich an die Kinder.
"Hier sind die roten Bänder. Wer noch weiter nach Avalae will, sollte sich schnellstens eines geben lassen."
Cillis zappelte auf der Schulter des Fyros und dieser setzte ihn schnell ab. Nehi hatte dem Dorfempfänger schon den Stab entgegengehalten und nun flatterte dort das rote Band von Davae. Cillis griff den Stab und blieb stehen.
Neben ihnen nahmen Bunis und Cordesi ihr Band in Empfang. Dann die zwei Mädchen und zuletzt das Jungenpaar. Vereint liefen die jungen Matis nun den Rest der Strecke in einem Pulk.

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Als sie Aavale erreichten, Viele Homins hatten sich am Tor versammelt um sie in Empfang zu nehmen. Und als der Dorf Intendant die goldenen Bänder verteilte, war die Luft erfüllt von Jubel und Beifall. Als das letzte Paar eintraf, wurde es von vielen Homins aus Yrkanis begleitet die das Ende des Laufes mit ihnen allen feiern wollten. Schließlich hob der Intendant die Arme und wandte sich an die versammelten Homins.
"Matis! Seht diese Kinder, die den Lauf durch den Winter vollendet haben. Sie alle haben bewiesen dass sie Durchhaltevermögen, Stärke und Mut besitzen. Doch einige von ihnen haben in diesem gesegneten Jahr etwas Besonderes vollbracht."
Er hielt kurz inne um die Gruppe um Cillis nach vorn zu winken. Mit vor Aufregung roten Köpfen traten die Kinder vor.
"Diese Kinder ließen ihre Stäbe los!" donnerte seine Stimme über die Versammelten hinweg.
Stille breitete sich aus. Cillis war geschockt. Auch Nehi, Bunis und die Anderen blickten verwirrt.
"Sie haben eine Tradition des Laufes gebrochen. Sie alle sind 'Loslasser'."
Er blickte jedes der Kinder ernst an. Dann hob er erneut die Stimme.
"Jedoch taten sie das Richtige! Sie handelten im Geiste des Laufes. Sie verstanden seinen Sinn. Ein Leben wurde gerettet, weil diese Kinder das Wichtige und Richtige über einfache Spielregeln stellten und erkannten, dass es galt zusammenzuarbeiten."
Jubel brandete auf und erneut wurden alle Kinder auf Schultern gehoben das wirkliche Fest begann nun endlich.

Inmitten des Trubels fand Cillis seine Eltern und rannte zu ihnen hinüber. Seine Mutter umarmte ihn überschwänglich und wenn ein Vater noch etwas mehr Stolz in seinen Stand bringen könnte, würde seine Weste sicherlich platzen. Eine Hand legte sich auch Cillis Schulter. Nehi und der Fyros Bote standen dort.
"Nun ihr Beiden. Ich muss weiter und meinen Auftrag ausführen. Ich schulde euch Zweien mein Leben. Ihr wart es die mich fandet und ihr brachtet den Mut auf mir zu helfen. Dafür danke ich euch. Die Kami mögen euch beschützen. Wenn ihr jemals nach Pyr kommt, dann fragt nach Collix Becoubs. Das bin ich und ihr seid in meinem Hause auf ewig willkommen."



Diese Geschichte wurde von Lylanea auf dem zweites Treffen der Barden in Mystia 2612-4 vorgetragen. (HRP: April 2021)