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Inhaltsverzeichnis

Das Feuer von Coriolis

Im Jahre 2435, unter der Herrschaft Kaiser Abylus’ des Gelehrten, trafen Bergleute der Fyros bei Abbau-Arbeiten auf eine Säure Ader, welche das Ödland rund um das Abbaugebiet in Brand setzte. Das Feuer weitete sich rasend schnell auf die umliegenden Wohngebiete der Homins aus. Das Feuer vernichtete auf seinem Weg die Stadt Coriolis und zog eine flammende Spur bis durch die großen Wälder der Matis.


Entdeckungsfieber

Erzählt von Apocasus Menix, einem Chronisten der Fyros

Unter der Herrschaft des Konzils der Chronisten, einst vom Herrscher Abylus dem Gelehrten eingesetzt, begab es sich, dass eine Gilde von Bergleuten gegründet wurde, um die in den Ebenen von Coriolis entdeckten Ruinen freizulegen.

Trotz des Widerstandes der Opposition, die das Verbot der Karavan unterstützte, konnte sich die Bewegung durchsetzen und es wurde den Minenarbeitern erlaubt, nach der Wahrheit zu graben, das Geheimnis hinter den Schrecken der Mythen herauszufinden und die geheimen Schätze oder Übel zu bergen, die Atys in seinem Inneren verborgen hielt. Das Motto der Fyros ist "Man trete lieber der Wahrheit gegenüber, als mit einer Lüge zu leben" und danach wurde jetzt gehandelt. Aber der Weg zur Wahrheit stellt sich nicht immer als gemütliches Paddeln in ruhigen Gewässern heraus?

Eine Gruppe grub in der Region von Coriolis, als sie, angeregt durch die Entdeckung der Überreste eines merkwürdigen Materials, auf eine Ader der Säure stießen, die sich nun schnell ausbreitete und das umliegende Land entflammte. Die hier überwiegenden östlichen Winde fachten das Feuer an, bevor Verstärkung geschickt werden konnte, um das Feuer einzudämmen. So brannte das Feuer die Stadt von Coriolis nieder und zog wie ein rasender Gingo eine Spur hinter sich her, alles Leben vernichtend. Abylus der Gelehrte schickte seine Armee, um das Feuer zu bekämpfen, aber das bittere Ende sollte leider noch kommen.

Das Feuer hatte sich bis zur Grenze der Matis ausgebreitet und bildete eine unüberwindbare Feuerwand, die die Wasserversorgung der Matis durch die Tryker verhinderte. Der König der Matis, Aniro III, zog Nutzen aus dem Chaos des Rauches und der Verwüstung und trieb seine Armee an, unsere Regimente zur Sicherung des Wassers in die Flucht zu schlagen. Er übernahm den Wasserweg und richtete nun seine Augen zum Land der Seen. Aber wie es schon in den Liedern besungen wird: "So lange noch Luft unsere Lungen füllt, unsere Herzen aufrichtig schlagen und so lange die Nacht noch den Morgen bringt, solange kämpfen und verjagen wir alle." Das Feuer von Coriolis wütete über Wochen. Aber glücklicherweise blies der Wind nach einer Weile in eine andere Richtung und heftiger Regenfall setzte wie durch Magie ein.

Obwohl seine Truppen ermüdet waren, zögerte Pyto, der Sohn unseres alten Herrschers, keine Sekunde um in einem heldenhaften Feldzug unsere lebenswichtige Verbindung zu den Landen der Seen zurück zu erbobern.


Die Gemeinschaft von Loria

Erzählt von Derry O'Darren, einem Tryker Geschichtsschreiber
Teil 1


Über viele Jahre konnte sich unser Volk in den alten Ländern von Trykoth durch die Kraft des Friedens, den uns unser Bündnis mit den Fyros bescherte, entfalten.

Das ursprüngliche Abkommen besagte, dass wir die Städte der Fyros im Norden mit Wasser versorgten, damit sie expandieren konnten und sie uns dafür gegen unsere Matis Nachbarn Schutz boten, welche ihre gierigen Augen ungeniert auf unsere Länder warfen. Zufällig war dies in der Zeit, als die Matis den großen Fluß Munshia gestaut hatten, dessen Quelle in ihrem Gebiet liegt und der zu den Ödlanden der Fyros fließt. Als es also dazu kam, da ließen wir nicht nur eine Route durch einen Teil ihres Landes laufen, wir bugsierten sie auch aus dem Wassergeschäft, hah... Wobei ich sagen muß, dass sie selber Schuld waren, denn sie besteuerten ihr Wasser viel zu hoch. So sind die Matis, rümpfen über alles die Nase, haben aber kein Gespür fürs Geschäft...

Über zehntausend freie Homins, sowohl Tryker als auch Fyros, schufteten viereinhalb Jahre und schnitten ein 20 Fuß breites Aquädukt durch 500 Meilen flacher Borke entlang der Küstenlinie der Matis. Entlang dieses Weges nahmen dreißig große Mühlen das Wasser auf und gaben es in einem endlosen Strom von den Seen in Trykoth zu den Dünen in den Wüsten der Fyros weiter. Siedlungen entstanden entlang dieses Weges und wuchsen zu Wachgarnisonen oder Handelsposten. Es war der Beginn eines ganz neuen Zeitalters.

Die Nord-Süd Wasserroute ebnete den Weg für neuen Handel, alles von Silberkraut Saft und Mondleinen zu Auberholzharz und Prakkerfett. Dies waren die ruhmreichen alten Tage, pflegte mein alter Herr zu sagen, Frieden seiner Seele... Oh, zweifellos war nicht alles das reinste Zuckerschlecken dieser Tage, das versichere ich Euch. Es gab auch Probleme! Meistens in der Form von Matis, grün wie ein in Saft getränkter Frosch waren sie so gierig, dass sie auf ihren Fingernägeln kauten! Aber alles in allem lebten alle ein recht fröhliches Leben; jede Menge Essen und Trinken, Tanzen und Schäkern! Aber nicht zu vergessen Berge von Arbeit das ganze Jahr, mit all der Wartung, Reparatur und Hausiererei.

Doch, alles schwellte wie eine Muschel in ihrer Schale, als die Fyros - niemals glücklich mit ihrem Los - wie üblich ihre Nase in Dinge steckten, die sie nichts angingen und versehentlich ein gewaltiges Feuer entfachten, das sich von Coriolis bis hin nach Destranon erstreckte.

Nun, um es kurz zu machen, der neue König der Matis, Aniro III, nutzte den Vorteil, daß die Fyros alle im Feuer gefangen waren und fegte durch die Stadt Karavia, die in der Mitte der Wasserroute lag und tötete alles was auch nur die Augenbraue hob. Jedermann tot, ausgelöscht, alles in einer Nacht. Entsetzlich, es war un-be-schreib-lich... Ich habe einen Kloß im Hals, wenn ich nur daran denke...

Das waren wirklich traurige Zeiten, die unsere Väter mitmachen mußten. Nun, nachdem er seinen Weg durch die Wasserrouten, Dörfer und Außenposten geschlagen hatte, wobei er alles auf seinem Weg niederbrannte, da sandte der Dunkle Herzog, Gioni di Tylini, ein Ultimatum zu unseren Bergtoren, auf dass wir unsere Waffen nieder legen sollten, oder unsere Frauen und Kinder würden erschlagen. Aufgrund unserer lebensfrohen Natur und da wir immer schnell in der Lage sind uns einer schwierigen Situation anzupassen, so dachten die Stammesführer der Tryker, wäre es am Besten bei den Lebenden zu verweilen, als einen weiteren Tag zu kämpfen.

Jedoch dessen ungeachtet, versuchte mancher Tryker sein Glück in den Hügeln, deren Ende an die große unpassierbare Mauer der Zorai grenzte. Doch sobald die Matis sie eingeschlossen hatten saßen sie in der Falle und die Matis statuierten an den meisten von ihnen ein Exempel.

Wir wurden zu Tausenden wie eine Herde Yelks geführt, getrieben zu den Gebieten der Matis, wo wir aufgeteilt und über die Länder geschickt wurden. Wir wurden zu harten Arbeiten eingeteilt, machten Waffen und allgemeine Dienstbotentätigkeiten für über fünfzig Tage und fünfzig Nächte bis die Antwort auf unsere Gebete kam, nicht vom Himmel, sondern aus dem Untergrund: Loria und ihre Gemeinschaft unerschrockener Tryker sollten unsere Art zu denken ändern und unser wahres Ich offenbaren in einer Art von der wir nicht einmal geträumt hätten...


Teil 2


Loria war die Tochter eines Strandguträubers, eine eher zierlich gewachsene aber sehr herzliche Frau. Sie kannte die Höhlen im Untergrund besser als jeder andere. Die Legenden besagen, dass Sie eines Nachts, vor Start des schwerbewachten und eskortierten Zwangsmarschs, heraus aus dem Lagunenland von Trykoth, unbemerkt aus der Bewachung entkam. Sie befreite dabei viele Mitgefangene aus ihren Fesseln und führte sie an den Matiswachen vorbei in die Freiheit. Als aber die Sonne am Morgen den Frühnebel vertrieb, bekam der Kompanieführer der Matis Wind von dem Ausbruch. Er sandte eine 12 Mann starke Suchtruppe auf Mektoubs aus sie zu suchen und versprach ihnen eine hohe Belohnung für jeden Kopf den sie Ihm vor Einbruch der Nacht brachten.

Obwohl die kleine Trykergruppe ihre Flucht mit aller Kraft und List versuchte zum Erfolg zu bringen, sie jeden Strom wo möglich überquerten, sie jeden befestigten Weg mieden um ihre Spur zu verwischen, hingen die Matisscouts schon bald an Ihren Fersen. Am späten Morgen dann trug der Wind den Flüchtlingen die Geräusche sich im Galopp nähernde Mektoubs zu. Auch Matisrufe waren zu vernehmen. Loria schätzte die Distanz zu Ihren Verfolgern noch auf etwa eine Reitstunde ein. Sie stachelte Ihre Gemeinschaft an weiter Ihren Kurs nach Südsüdost zu halten ohne Ihnen aber zu sagen, was sie genau vorhatte. "Berge links, Zoraïmauer voraus, Matis im Rücken? Entschuldigt meine Einmischung, Loria, aber wir hätten eine weitaus bessere Chance wenn wir uns mehr westlich halten!" sagte Bodley Shaines, ein alter Freund Loria's, den sie schon seit Ihrer Kindheit kannte.

"Nein, unsere einzige Hoffnung liegt dort wo die Matis sich nicht hintrauen," gab sie zurück, "dort, wo die großen Wurzeln aus dem Bauch von Atys entspringen! Von dort aus werden wir die riesigen unterirdischen Gänge und Hallen in Richtung Osten durchqueren, unter den Bergen hindurch direkt unter das Matisland. Wir werden unsere Brüder und Schwestern befreien!!!"

"Wir würden unseren Brüdern und Schwestern eine größere Hilfe sein, wenn wir zunächst mal unsere eigene Haut retten, sage ich!"

"Nein, Bodley," sagte Bremen Layley, "Loria hat Recht, Trykoths Westen ist voller matisianischer Gingoführer, die die Flüchtlinge jagen." Als ob es eine Antwort auf Bremen's Aussage war, vernahmen sie plötzlich das abscheuliche Heulen einer Gingo Jagd irgendwo weiter im Westen.

"Also gut, ich bleibe bei Loria!" sagte Ticker O'Flaney.

"Ich auch!" stimmte Brinney Torly zu.

"Glaubt mir, Bodley, nur noch eine Stunde marschieren und wir sind in Sicherheit!" redete Loria auf ihn ein.

"In Ordnung, ich werde Euch nicht verlassen. Und außerdem, irgendwer muss ja schliesslich auf Euch aufpassen, meine kleine Prinzessin!" Bodley lächelte Loria zu.

"Gut, dann lasst uns unseren Atem für den Marsch aufsparen!" Ohne weiteres Aufheben lief Loria mit strammen und weiten Schritten, den Blick auf das Plateau vor ihnen fixiert, voraus. Ständig nach hinten Ausschau haltend folgten Ihr Ticker O'Flaney, Bremen Layley, Brinney Torly, Jeff Payne und Bodley Shaines schnellen Fusses. Sie liefen Querfeldein durch die dichten Büsche und Sträucher der Tiefebenen, über Gras bewachsene Terrassen und Abhänge hinunter, die sich inzwischen durch den Stand der Sonne erheblich aufwärmten. Sie querten wilde Blumenwiesen deren wunderbarer Duft die Sinne zu benebeln vermochten. Es war eine seltsame Situation um sein Leben zu rennen, die Mörder auf den Fersen und dabei durch ein gesegnetes Land voller Schönheit und Harmonie zu stolpern.

Irgendwann fing Ticker O'Flaney an zu flöten. Als er dann noch anfangen wollte zu singen schenkte Ihm Loria einen wilden Blick. Ihm befehlen aufzuhören hätte Sie nie, schliesslich ist das höchste Gut der Tryker nun mal das freie Leben und der gegenseitige Respekt!

Wenig später bekam Bodley Shaines ein sanfte Rüge von Loria als er plötzlich anfing wilde stachelige Beeren zu pflücken und rumzutrödeln.

Schließlich fanden sie sich alle in der Mitte des Plateaus ein, auf das Loria geradewegs zumarschiert war. In der Mitte klaffte ein riesiges Loch aus dessen Innern sich große Wurzeln gen Himmel streckten. Hier also ging es ins verbotene Innere von Atys.

Alle sechs Tryker starrten voller Ehrfurcht auf die erhabenen Wurzeln die sich zum Horizont erstreckten. Wie ein Mann drehten sie sich dann noch mal zu den bläulich schimmernden Lagunen in der Weite um, deren seidige Oberflächen den Mittagshimmel spiegelten.

"Schaut auf die See," beobachtete Bremen Layley, "es scheint, dass unsere Salzwasserschiffe Kurs auf Karavia nehmen."

"Ja, anscheinend flieht unser Volk in das Fyrosland?" fügte Binney hinzu. "Sie werden sich mit den Fyros verbünden und gegen die Angreifer ziehen!"

"Ein dreifaches Hurra für den Frieden!" frohlockte es Ticker, aber Loria hob eine Hand.

"Schaut noch mal hin," sagte sie ernst, "die Flaggen, die gehisst wurden, gehören nicht zu Trykoth!"

"Matis!"

"Schaut euch ihren Kurs an und schaut Euch die Massen an gefangenen Trykern dort unten an. Sie werden in die Sklaverei verschickt?." Als Loria auf die zusammen gepferchten Homins am Fuß des Plateaus zeigte wurde sie plötzlich von dem Geräusch heran galoppierender Mektoubs aufgeschreckt. Sie waren bereits auf 900 Fuß herangekommen. Die Matis mussten Sie bereits gesehen haben und ritten nun genau auf sie zu.

"Schnell, hinunter in die Höhlen!" schrie Loria.

"Der Eingang ist noch zu weit entfernt, das schaffen wir nie!"

"Direkt vor uns in der Kluft ist ein Ast an dem wir hinabklettern können!" rief Loria den anderen zu. Die Matis waren nun nur noch 300 Fuß entfernt als die Tryker den Ast erreichten und anfingen an Ihm herunterzuklettern. Sie erreichten einen Vorsprung und strauchelten weiter in die Tiefe. In wenigen Sekunden rutschten, fielen und kletterten die Tryker 25, 50 ja 75 Fuss tief, alle bis auf einen.

"Bodley, was machst Du?" rief Loria von einem Vorsprung nach oben.

"Ich halte die Matis auf! Folge jetzt den anderen, Loria, schnapp Dir den Ast und klettere hinunter! Wenn Du unten bist werde ich den Ast kappen!"

"Aber Bodley!"

"Ich traute Dir, nun traue mir! Geh jetzt! Es ist wichtig dass ihr die Flucht schafft!" Bodley begann mit einem kleinen Messer, dass er anscheinend gut versteckt hatte, den Ast abzuschneiden als hinter ihm die Matis immer näher kamen.


Teil 3


Die ersten Jäger zogen bereits ihre Schwerter aber als sie noch etwa 20 Fuß entfernt waren drehte sich Bodley zu ihnen um und warf den Mektoubs die vorher gesammelten stacheligen Beeren vor die Hufe. Die Mektoubs, denen es wohl gar nicht behagte auf diese Beeren zu treten, bäumten auf und warfen ihre Reiter vom Rücken. Dies gab dem Tryker noch einmal einige weitere Augenblicke um sich zu vergewissern, dass die Gemeinschaft einen sicheren Vorsprung in der Kluft erreicht hatte und Loria nur noch wenige Meter zu überwinden hatte. Nun sprang auch Bodley auf den angeschnittenen Ast. Ein Jäger wollte sofort hinterher, aber sein Kommandant, der den angeschnittenen Ast sah, hielt ihn zurück. "Der Winzling hat den Ast abgeschnitten! Er würde uns nicht halten!"

Der Matis trat an den Ast heran. "Zurück auf eure Mektoubs, Männer!" Er durchschlug die übrig gebliebenen Stränge des Astes. "Sie wollen in die Höhlen! Auf zum Hang auf der anderen Seite!" Er jaulte noch mal auf bevor er seinem Mektoub in die Seite trat und im Galopp davon preschte.

Bodley hatte ungefähr den halben Weg nach unten zurückgelegt, als der Ast durchtrennt wurde. Aber der einfallsreiche Tryker schwang sich vorher noch kurz zur Wand, stieß sich ab und sprang in eine Ansammlung kleineren, frischem Wurzelgeäst. So konnte er gerade noch einem tödlichen und freien Sturz entkommen. Das Geäst ließ ihn nun etwas kontrollierter die restlichen 25 Fuß bis zum Boden des größeren Vorsprungs stürzen wo die anderen schon voller Sorge auf ihn warteten. Trotzdem kam er hart auf dem Boden auf und wenn dieser nicht aus weichem Blattwerk und Dung bestanden hätte wäre er nicht mehr so schnell aufgestanden. So aber sprang er sofort wieder auf die Füße und blickte benommen nach oben. Die anderen fingen an zu jubeln ob des Meisterstücks von Bodley, denn die Matis konnten nun nicht mehr hinterher und zogen anscheinend wieder ab. Sie lachten und umarmten ihn. Loria aber schenkte ihrem Freund nur ein anerkennendes Lächeln. Sie standen nun etwa 100 Fuß tief auf einem breiten Plateau der Kluft. Zum Eingang in das Gebiet der Urwurzeln trennte die Gemeinschaft noch ein Hang von etwa 30 Fuß hinunter zum Grund der Höhle. Sie wussten, in die Urwurzeln würden Ihnen die Matis nicht folgen. Aber Loria, die einzige die nicht jubelte, nahm Bodley bei Seite und untersuchte den Dung in den er gefallen war.

"Torbak, und frischer?" flüsterte sie mit einem finsteren Blick in die dunklen Ecken Ihrer Zufluchtsstädte. Im selben Moment erklag ein schreckliches Brüllen, das an Gähnen erinnerte, und betäubte ihre Sinne.

Die Matis ritten um die Kluft zum entfernten Abhang, der einen leichteren Zugang bot. Loria wusste, dass sie in weniger als einer Minute am anderen Ende der Kluft ankommen würden. Bodley sank zu Boden, eher vor Erschöpfung als vor Verzweiflung. "Auf Homins!!!" schrie sie, "wir sind noch nicht in Sicherheit und uns erwartet noch eine größere Herausforderung. Schluckt euren Stolz über das Erreichte hinunter und tut was ich tue! Alle!" Sie ergriff ein großes Urwurzelblatt, beschmutzte es mit Torbakdung und fing an sich damit einzureiben. Die anderen taten es Ihr nur widerwillig nach und schon hörten sie wie die Mektoubs samt Reitern anfingen den Abhang hinunter zu kommen.

"Fasst euch ein Herz, bleibt ruhig egal was passiert und fangt ja nicht an zu rennen. Der Geruch des Dungs wird euch beschützen." Loria ging einen Schritt vorwärts, als die Matis in Sichtweite kamen. Sie zogen ihre Schwerter und verteilten sich als der Kommandant rief "Denkt dran! Wir brauchen nur ihre Köpfe!"

Unbeirrt von den Schlachtrufen der Matis hielt Loria und ihre Gemeinschaft mit sicherem Schritt auf den Eingang zu den gefährlichen Urwurzeln zu. Die Matis waren nur noch 20 Fuß entfernt als es ein markerschütterndes Brüllen gab und ein ganzes Rudel von 5 großen Torbaks auf die Gemeinschaft zulief. Nur eine Handweit entfernt vom sicheren Tod schritt Loria sicher weiter, ohne auch nur einmal zu straucheln. Sie führte ihre Freunde durch die gewaltigen Kreaturen hindurch und diese rümpften bei ihrem Geruch nur die Nasen.

Die Mektoubs, welche die Torbaks erblickten, blieben abrupt und voller Panik stehen und schmissen ihre Reiter erneut aus dem Sattel. Die furchtlosen Torbaks hatten die Matis nun endgültig als ihr heutiges Frühstück erkannt und sprangen brüllend auf sie zu. Sie fielen über die Eindringlinge her, rissen ihnen die Bäuche auf, durchbissen die Kehlen und hinterließen von den Kriegern und Reittieren nicht viel mehr als zerfetzte und fleischlose Überreste.

Nur zwei der Matis schafften die Flucht aus dieser fürchterlichen Grabstätte, in deren Falle sie durch eine Hexe geführt wurden. Später erzählten sie, dass Loria nicht nur die Kraft hatte diese Untiere auf die Verfolger zu hetzen, sondern dass sie sich auch traute das Gesetz zu brechen und in die verbotene, unterirdische Welt der Urwurzeln einzudringen.

Die Gemeinschaft von Loria war aber nicht nur zur Flucht hinab gestiegen, sondern auf dem Weg Ihr heldenhaftes Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die Urwurzel zu durchschreiten, um sich einem weitaus größeren Kampf zu stellen.



Die Belagerung von Karavia

Erzählt von Pergio Vasti, einem Militärchronisten
Teil 1


Die Festungsstadt Karavia wurde am Ort des ersten Aufeinandertreffens der Matis mit der Karavan errichtet. Diese Stadt fiel während der Herrschaft des Königs Noblis an barbarische Fyros. In der Mitte des Weges der Wasserroute zwischen den Seenländern und dem Fyros-Territorium liegend, wuchs der Ort zu einer beachtlichen Garnisonsstadt, die einen guten Schutz gegen die bewaffneten Fyros-Stellungen im Norden und Süden bot. Drei Generationen reichten leider nicht aus, um die tiefen Wunden der Unterdrückung heilen zu lassen, die uns von den Eindringlingen zugefügt wurden, welche sich immer noch am heiligen Land laben, unserem Land.

Doch aus den Ruinen unserer durch die Revolte gebeutelten Herrschaftsgebiete kam mit dem mutigen Kriegerkönig Aniro III, dem zweiten Sohn des altersschwachen Danido, neue Hoffnung auf. Aniro startete einen Feldzug mit besonders mutigen Rittern, um die Herzen der Bevölkerung zurück zu gewinnen, eine Armee zu bilden und unter einer Flagge gegen den Feind zu kämpfen.

Einer dieser Ritter war Gioni di Tylini, ein riesiger Koloss aus Karavia und ein glühender Verehrer Jenas. Vor allem in der Schlacht von Thormes zeichnete er sich aus, indem er Stammesgefangene überredete, loyale Untergebene zu werden, um zukünftig an seiner Seite zu kämpfen. Seine Rückkehr nach Matia, der Hauptstadt der alten Länder, wurde zu einem wahren Triumphzug und noch bevor die letzte Fanfare verklungen war, wurde er zum König ernannt. Jetzt war die Zeit endlich reif für die Ritter der Matis, die heidnischen Teufel aus dem heiligen Land zu verjagen.

Des weiteren würde ein Sieg bei Karavia den Weg zu den westlichen Seeufern im Westen, sowie einen praktisch sicheren Zugang zu den reichen Ländern der Tryker im Süden öffnen. Doch die Mauern der Festungsstadt waren stark und hoch. Die Bewohner vermochten der Belagerung solange Stand halten, bis sie von den Fyros Verstärkung erhalten würden, was aber aufgrund der Entfernung 40 Tage dauern würde.

"Aber mein Gebieter", sagte Tylini, "Bis wir Position bezogen haben, werden die Fyros sicher Hilfe zur Entlastung der Stadt geschickt haben, wir wären von 2 Armeen umzingelt." "Geschätzter Tylini, seid ihr meiner Meinung, dass es für einen Sieg wichtig ist, das Land zu kennen? Ihr sollt der Lockvogel sein, der die Fyros auf unser eigenes Schlachtfeld führt, das wir selbst zeichnen." "Mit all meiner Hochachtung, mein Lord, wir wären unfähig, uns zu bewegen und unsere Schlagkraft wäre nur noch halb so gut" "Glaubt ihr, dass euer König euch mit Absicht in den Tod führen würde, Gioni di Tylini? "Nein mein Herr", protestierte der Ritter. "Dann hört mir zu". Der König rollte eine Karte auf dem langen Syre-Holztisch aus.

"Ihr werdet die Stadt Karavia belagern, unsere Informanten haben uns berichtet, dort sei ein Heer von 5000 Mann dauerhaft stationiert. Aber auch wenn ihr zahlenmäßig überlegen seit, lasst uns den Gegner erniedrigen, damit seine Truppenmoral sinkt. Kein Matis darf verwundet oder gar getötet werden. Unsere Schlagkraft in der großen Schlacht wird von dem Zustand ihrer Truppen abhängen. Jetzt müsstet auch Ihr mit Abylus einverstanden sein, dass die Fyros keine andere Möglichkeit haben, als ihr Verteidigung zu versammeln, die den langen Weg vom Norden in den Süden nimmt, oder aber sie verlieren ihre wichtige Wasserverbindung zu den Seeländern. Ihr König wird währenddessen im Wald lauern, ein Stückchen abseits der Straße. Unsere Vorhut wird beobachten, wie sie den Pass überqueren ?" Als der König die Route mit einem in einen Lederhandschuh gekleideten Finger auf der Karte entlangfuhr, begann Tylini den Plan zu begreifen. "Hmm und sobald sie dann vorbeigezogen sein werden, wird mir mein König eine Nachricht senden, damit wir uns von hinten annähern können, um den Gegner zu unserem Ziel zu treiben" Der König gab dem großen Ritter einen kameradschaftlichen Schlag auf den Rücken. "Lasst unseren Feldzug sorgsam von unseren Strategen vorbereiten, guter Tylini, und den Rest wird man in Geschichtsbüchern nachlesen können!"


Teil 2


Doch der Plan des Königs hatte leider einen Haken: Der Marsch nach Karavia würde mindestens zwei Monate dauern. Der Weg war beschwerlich und man musste sich durch die großen Bäume und die dichte Vegetation hindurchkämpfen und würde dabei den Vorteil der Überraschung verlieren. Tylini, der für seine guten Ideen bekannt war, heuerte eine zusätzliche Gruppe von 200 Handwerkern an. Anstelle nordwestlich in Richtung Karavia zu ziehen, zogen er und der König am Fluss entlang und nach drei Tagen Marsch erreichten sie die großen Wasserfälle von Ria, an denen sich der Fluss teilt. Nach nicht einmal einer Woche, in der Tag und Nacht gearbeitet wurde, hatten die Ingenieure und Handwerker aus 70 hohlen Bolkastämmen eine enorme Anzahl von Flößen hergestellt, mit denen sie die Armee den Ria hinabtransportieren konnten. Zwischen den Ortschaften Bero und Ronda standen flussabwärts Stämme und bestaunten die beeindruckende Flotte aus 300 Flößen, die 30000 Homins, Mektoubs und 150 ausgebildete Raguse den Ria hinunter in den Kampf transportierten. Innerhalb von einer Woche wurde der Zufluss des Darone erreicht, hier mussten sie aufgrund der starken Strömung die Flöße aufgeben und ihren Weg über das Land fortsetzen. Der König führte seinen Teil der Armee in Richtung Norden und Tylini seinen in Richtung Westen. Der Wald war hier weniger dicht und innerhalb von zwei Tagen hatte Tylini seine Armee in die Nähe der heiligen Stadt gebracht, sie war jetzt nur noch 1 Tagesmarsch in Richtung Norden entfernt. Die gesamte Reise hatte nicht einmal 20 Tage gedauert!

Außenposten und Dörfer, die südlich der Wasserwege lagen, wurden in kurzen aber effektiven Nachtangriffen dem Erdboden gleich gemacht. Jeder Feind der in den Dschungel fliehen wollte, wurde von den Ragusen aufgespürt und zur Strecke gebracht. Es war wichtig, dass Abylus keinen Hinweis von der Stärke der Armee erhalten würde, sonst würde er schnell doppelt soviel Hilfe schicken.

Bevor er in Sichtweite der heiligen Stadt war, spaltete er seine Truppen in 3 Abteilungen mit jeweils über 5000 Homins. Des weiteren achtete Tylini darauf, dass man nur einen geringen Teil seiner Truppen sehen konnte und nicht die ganze Truppe, aber gerade genug, um die Fyros wissen zu lassen, sie täten besser daran, in der Stadt zu bleiben. Als er aus seinem Zelt trat und auf einen flachen Hügel ging, sah er die Stadt vor sich. Er sah die großen hölzernen Türme, die Gebäude und die massive lebende Mauer aus den Urwurzeln, alles so, wie er es sich als Kind vorgestellt hatte. Es sah alles genauso aus, wie es ihm sein Großvater immer erzählt hatte und man konnte kaum einen Unterschied zu den Bildern erkennen, die an den Wänden des alten Familienwohnsitzes hingen. Alles bis auf den Boden stimmte überein. Dieser war von Pflanzen befreit worden und die Hauptstraße in Richtung der Tore verlief kerzengerade.

Zum Schutz der Stadt und um die Aufmerksamkeit der Kamis nicht auf sich zu ziehen, legte Tylini fest, es dürften keine Feuerwerfer eingesetzt werden. Wenn die Zeit reif wäre, würde die Stadt mit viel Kriegslist und großer Übermacht überrannt werden! Während die Ingenieure Belagerungsmaschinen entwarfen, fingen die Handwerker an, Bäume zu schlagen und die Krieger begannen einen Weg entlang der Grasnarbe zu finden, der eine Möglichkeit eröffnet, hinter den Stadtwall im Norden zu gelangen. Tausende Speere wurden im 45 Grad-Winkel in den Boden gerammt, um dem Nachschub der Fyros bei einem Angriff entgegenzuragen und so den Norden zu schützen. Die belagerten Fyros in der Stadt waren immer noch der Meinung, dass sie nichts zu befürchten hätten, weil ihre Verwalter ihnen ja eine Armee zur Unterstützung schicken würden, sobald sie den Ausfall der wichtigen Wassertransporte bemerken würden. Das ganze Ausmaß unserer Entschlossenheit bemerkten sie, als sie sahen, mit welchem Enthusiasmus wir das Schlachtfeld vorbereiteten. Doch sie unterschätzten unsere Kräfte und begannen, uns mit kleinen Gruppen anzugreifen, nach einer Weile stellten sie diese Angriffe jedoch ein, da es nur purer Massenselbstmord ihrer eigenen Truppen war. Obwohl die Angriffe aufhörten, wurden nicht wenige Fyros gefangen genommen, da sie immer wieder versuchten, durch unsere Reihen zu schleichen, um ihre Heimat von unseren Vorbereitungen zu unterrichten. Die Gefangenen wurden direkt wieder zurück zu den Stadtmauern geschickt, sie waren auf dem Rücken eines Mektoubs festgebunden und ihr Kopf lag auf ihrem eigenen Schoß!

Hier muss noch erwähnt werden, dass die Fyros in dieser Epoche bei der Karavan in Ungnade standen, da sie sich nicht an alle Gesetze gehalten hatten. Dadurch wusste Tylini, dass es innerhalb der Stadt keinerlei Möglichkeiten gab, Teleporter zu benutzen. Darüber hinaus hatte die Göttin Jena allen Homins das Recht gegeben, frei zu entscheiden, aber keiner der Homins hatte das Recht, sich in die Angelegenheiten anderer Homins einzumischen.

Innerhalb der zweiten Woche der Belagerung waren sämtliche Vorbereitungen erfolgreich abgeschlossen, die Homins wurden langsam nervös, da sie keine Nachrichten der Fyros-Armee erhielten. Aber eine Laune des Schicksals sollte bald eine Wendung herbeiführen.


Teil 3


Eine blutrote Sonne ging auf und ließ roten Schimmer auf die belaubten Äste über Tylinis Feld und die grünbraunen Wiesen des Schlachtfeldes fallen. Ein rüder Tumult erhob sich aus der Zitadelle in der die Heiden, seltsam für ihre niedere Position, sich den Feierlichkeiten zur Sommersonnenwende hingaben, als wollten sie unser Erbe weiter schmälern. Tylini beobachtete aufmerksam den Himmel und die dunklen Wolken, als er von hinten auf einmal ein unheilvolles galoppieren hörte. Gioni drehte sich um und sah einen vor Erschöpfung zusammenbrechenden Mektoub, der noch kurz den Kopf heben konnte. Der Bote, der wie ein echter Matis gerade noch von seinem Reittier gesprungen war, strich seine rotgrüne Kluft glatt, trat dem großen Ritter gegenüber und übergab ihm eine Schriftrolle, die ein Siegel der Blume vom Baylona trug, an der ein rotes Seidenband hing. Tylini nahm die königliche Nachricht mit leichter Erregung an, die sich aber sichtbar erhöhte, als er die Nachricht las. Er schaute sich um und trat vor seine Krieger.

"Meine Herren, bei der Liebe von Jena, der König hat uns folgende Worte gesendet: Heute wird Karavia seine Würde wiedergewinnen! Heute werden wir unsere Klingen ziehen und auf einer Welle des Glücks voran reiten." Danach zeigte er in Richtung Nordhimmel, als Bestätigung der Worte des Königs: Starke Rauchschwaden zogen von den warmen Sommerwinden getragen heran, und verteilten sich über das nördliche Schlachtfeld: "Im Land der Fyros wütet eine Feuersbrunst der Vergeltung! Die Vorsehung ist auf unserer Seite!" sprach Tylini.

Das Feuer, das als großes Feuer von Coriolis bekannt wurde, raste über das Ödland der Fyros, schnitt diese vom Wasserweg ab und verhinderte, dass Verstärkungstruppen der Fyros eintreffen konnten. Die große Schlacht die vorbereitet wurde, würde später folgen. Währenddessen war der Braten müde und eingeengt und es war an der Zeit, ihn garen zu lassen! Tylini schickte früh am Morgen eine Einheit Belagerungsmaschinen los, um die Bogenschützen der Fyros abzulenken. Währenddessen schlich sich eine Einheit Ritter mit Ragusen an eine Stelle der Mauer, von der Tylini wusste, dass es dort im Fundament aus Urwurzeln eine Schwachstelle gab. All das hatte ihm sein Großvater erzählt. Die hungrigen Hunde gruben an dieser Stelle und rissen ein Loch in die Mauer. Auf einen Befehl hin strömten die Raguse in die feindliche Burg und verursachten Chaos und Entsetzen, diese Ablenkung machten sich die Ritter zunutze und zerschnitten die Seile der großen hölzernen Zugbrücke. Das Schlachthorn erklang, die Trommeln hörte man weit über die Ebene hinaus und im verdunkelnden Licht kamen die Matis Welle für Welle der Stadt immer näher.

An der Spitze der Welle ging Tylini mutig voran und hackte sich seinen Weg durch den heidnischen Pöbel, deren Widerstand nicht lange andauerte. Im Morgengrauen leuchteten wieder die Flaggen der Matis über der heiligen Stadt von Karavia. Triumphierend stand Gioni di Tylini auf der Straße und schaute in den Himmel, um Jena zu danken, als große Regentropfen auf sein Gesicht fielen. Eine Sintflut durchbrach die Stadt und spülte all das heidnische Blut aus der heiligen Stadt, er drehte seine blutigen Handflächen nach oben, um sie im Regen zu reinigen. Tylinis Herz schwoll an vor Stolz, als im bewusst wurde, dass dieses Land jetzt das Seine war, er richtete seinen Blick südwärts in Richtung des Landes der Seen ?

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