Aus EnzyklopAtys
Bericht einer alten Matis-Dame:
Die jüngsten Enthüllungen über die Karavan haben die Homins nicht sprachlos gemacht. Wie viele andere fragte auch die junge Anisse die Älteren nach den Karavan, aber leider hatte niemand Zeit, ihr zu antworten.
Später am Abend kam Anisse' Großmutter, um sie zuzudecken, und sie stellte erneut ihre Fragen, die schließlich beantwortet wurden.
"Ich kann dir keine wirkliche Antwort geben, mein Kind, aber weißt du, wenn man so alt wird wie ich, hat man gewöhnlich viele Legenden, Geschichten und Gerüchte gehört. Obwohl die meisten von ihnen meiner Meinung nach übertrieben oder sogar von einem talentierten Geschichtenerzähler völlig erfunden sind."
"Erzähl sie mir trotzdem, Oma", sagte Anisse mit einem Augenzwinkern.
Die Großmutter lächelte, als sie die Decke bis zum Kinn von Anisse hochzog und es sich neben ihrer Enkelin bequem machte.
"Mein Kind, du hast doch von Zachini gehört, nicht wahr? Der Legende nach war er der erste, der Kontakt mit Jena aufnahm, die damals in mehrere Stämmen verstreuten Matis vereinigte und so zum ersten König wurde."
"Damals waren die Tryker gute Diener für die Matis. Sie erledigten kleine Aufgaben und erhielten dafür Kost und Logis. Aber sie waren mit dieser Situation nicht zufrieden und betrachteten uns als Sklavenhalter, auch wenn sie es nicht wagten, uns das ins Gesicht zu sagen. Jena war gerührt von ihrem Zustand und kam nach Atys, um vor dem wichtigsten Stammeshäuptling von Matia, dem edlen Zachini, zu erscheinen. Er war sehr weise und tat, was die Göttin von ihm verlangte: Er versprach allen Trykern, die von ihm abhängig waren, daß sie gehen konnten, wohin sie wollten und wann sie wollten. Es heißt, daß seine Rede sehr überzeugend war, aber natürlich löste sie einen Skandal in den Häusern aus, die noch am selben Tag von ihren Bediensteten geräumt wurden. In der Aufregung, die Zachinis Äußerungen auslösten, erkannten die Menschen nicht, dass er eigentlich mit den Gesandten der Göttin, den Karavan, verhandelte. Zu dieser Zeit stellte kein Mensch Jenas Worte in Frage. Nicht einmal die barbarischen Fyros wagten es, ihr Wort in Frage zu stellen.
"Wenig später, im Jahr 2197, also vor mehr als 300 Jahren, offenbarte die Karavan dem Zachini die zehn Gebote von Jena, und zwar genau an dem Ort, an dem ihm die Göttin zuvor erschienen war. Dieser Ort wurde ausgewählt, um die gigantische Stadt Karavia zu errichten. Karavia... war ein architektonisches Wunderwerk. Schließ deine Augen und stelle dir Pyr vor, wo du schon gewesen bist... Nun... Stelle dir vor, daß die Mauern aus Wurzeln bestehen, die so groß sind wie unsere Baumhäuser, und daß jede Behausung so groß ist wie ein Palast... Daß der Boden unter den Sonnenstrahlen glüht, daß die schimmernden Brunnen mit dem reinsten Wasser direkt aus dem Fluss Ria... Karavia sprudeln."
Die Großmutter von Anisse wischte sich beiläufig eine Träne von der Wange, bevor sie fortfuhr:
"Zachini war der erste unserer Könige, und sein Kontakt mit Jena gab ihm das volle Vertrauen der Karawanen. Sie vertrauten ihm einige ihrer Geheimnisse an, die in unserer Familie über Generationen weitergegeben wurden.
"Unsere Familie?", fragte Anisse erstaunt.
"Ja, unsere Familie. Wir sind entfernte Nachfahren von Zachini", antwortete die alte Matisse mit einem Lächeln.
"Eine unserer Vorfahren war die Tochter von Zachini, aber ihr Sohn wurde der Thronfolger. Was ich dir erzähle, wurde seither nur an die Angehörigen unserer Familie weitergegeben.
Jena gab den Karavan, den Auserwählten von Jena, die Gabe, die Sterne zu erforschen. Doch der Drache hat einige von ihnen verdorben und ihre Heimat wurde unbewohnbar. Auf der Suche nach einem neuen Planeten fielen viele dem Zorn des Drachen zum Opfer, aber einige wenige fanden einen unscheinbaren, wertlosen Planeten. Es stellte sich jedoch heraus, daß der Drache auf diesem Planeten lebte und mehrere Völker versklavt hatte. Voller Mitgefühl baten die Karavan Jena, sich für diese armen Geschöpfe einzusetzen, und wurden Zeugen eines Wunders: Die Göttin erhörte sie, kam und füllte den Drachen mit dem Ewigen Feuer, das ihn verzehren würde, wenn er es ausspuckte.
Die eisige Kruste des Planeten schmolz, als der Drache versuchte, sein Leiden zu begrenzen, indem er etwas von dem Ewigen Feuer ausspuckte, und Jena verursachte den Grünen Schub. Das Wunder des Lebens geschah: Pflanzen bedeckten die trübe Welt und hielten den Drachen in ihrem Zentrum gefangen. Trunken vor Wut verbrannte er die aufkeimenden Pflanzen mit seinem feurigen Atem, aber Jenas Macht war zu groß, und der Drache konnte nichts gegen sie ausrichten. Atys wurde erschaffen, und die Göttin befahl den Karavan, über die Menschen zu wachen, die dort lebten, die Homin, die von ihrem Licht erfüllt und vom Einfluß des Drachen befreit waren.
Aber Jena warnte die Karavan, daß der Tag kommen würde, an dem der Drache wieder erwachen, das Ewige Feuer ausspucken und so ihren Untergang und den von Atys herbeiführen würde... So lautet die Legende..."
Die Großmutter hielt einen Moment inne, und ein sanftes Lächeln überzog ihr Gesicht, als sie ihre schöne und ruhige Enkelin ansah, die bereits fest eingeschlafen war.