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Version vom 28. Juli 2014, 13:42 Uhr
Eine moderne Teezeremonie der Zorai
Die Zoraï trinken traditionell verschiedene Arten von Tee aus Blättern von unterschiedlichen Bäumen, Büschen, Cratchas, Jublas oder Slaveni-Pflanzen. Es werden für den besten Tee kleine und zarte Blätter ausgesucht, manchmal sogar nur deren Spitzen, die nach dem Pflücken welken gelassen werden. Die Blätter können je nach Gebiet differierend schmecken, in der Nähe von Goo wird jedoch nicht geerntet.
Ein kurzes Rösten in der Pfanne verhindert, daß die Blätter fermentieren oder in Verrottung übergehen. Die Blätter erhalten durch das Rösten einen rauchig-herben Geschmack mit einer blumigen Note. Ein Rollen der Blätter bewirkt, dass diese geschmeidig bleiben, und dass sich ihr Geschmack später beim Zubereiten nach und nach im Wasser entfalten kann. Zudem bilden die sich langsam im Wasser entrollenden Blätter einen für das Auge erfreuenden Anblick.
Ein wichtiger Aspekt des Zoraï-Tees ist, daß die Öfen in den traditionellen Zoraï-Häusern nicht mit Feuer geheizt werden, sondern durch elektro-magnetische Magie. Es sei daran erinnert, dass die Kami den Homins lange Zeit verboten hatten, Feuer in der Natur zu entzünden. Aus gutem Grund, wenn man beispielsweise an das Feuer von Coriolis denkt.
Die Teezeremonie ehrt die Prinzipien der Zoraï:
# Streben nach spiritueller Erleuchtung durch die Kräftigung der
Beziehung zu den Kami, die Verbreitung der Kami-Lehren und das Sich-Öffnen
für Ma-Duk
# Weisheit und Bildung durch das Aneignen von Wissen und Verständnis
# Harmonie von Körper und Seele
# Meditation und Gebet, in Ruhe und spiritueller Hingabe
# Ökologie, Respekt für die Natur, Schutz der Ressourcen; was auch den
Kampf gegen wild gelegtes Feuer, Natur-Ausbeutung und Goo bedeutet
Für die Teezeremonien in den Alten Landen spielten entsprechend eingerichtete Teehäuser mit Gärten, Pavillons, Meditationsobjekten und sorgsam ausgesuchten Utensilien eine große Rolle. Heute ist das nicht mehr von Bedeutung. Im Gegenteil bemüht man sich in den Neuen Landen, wie man an den sparsam eingerichteten Räumlichkeiten der Bernsteinstädte sieht, möglichst wenig Wert auf Äußerlichkeiten oder gar Zierrat zu legen.
Der Teemeister leitet heute die Gäste durch die Schritte der Teezeremonie hindurch an. Auch das ist anders als in den Alten Landen, da dort jeder halbwegs gebildete Zoraï dazu erzogen wurde, darüber Bescheid zu wissen, was in der damals aufwendigen und komplexen Teezeremonie jeweils nacheinander von ihm erwartet wurde.
In der heutigen Zeit empfängt der Teemeister die Gäste ohne besondere Vorbereitungen unmittelbar in seinem einfachen Teehaus mit einer tiefen Verbeugung. Der Teemeister bittet die Gäste sodann, meistens nur mit einer
stummen Geste, um den niedrigen Tisch herum auf den weichen Bodenmatten Platz zu nehmen.
Die traditionelle Zoraï-Sitzhaltung, die die Meditation begünstigt, indem sie die Arbeit und Bedürfnisse der unteren Bauch-Organe zugunsten der ungestörten geistigen Versenkung hemmen soll, ist dafür heutzutage nicht mehr zwingend vorgeschrieben, sie bleibt jedoch traditionell empfohlen.
Zu Beginn der Teezeremonie wird wie in den Alten Landen gemeinsam demütig den Kami gedankt, dass sie es gestatten, sich aus den Ressourcen der Natur für den Luxus des wohlschmeckenden Tees zu bedienen. Dieses Gedenken an die Kami stärkt die Verbindung mit ihnen, was dem ersten Prinzip der Zoraï Genüge tut.
Die gesamte Teezeremonie an sich dient zudem der Respekterweisung für die Natur und damit dem fünften Prinzip. Während früher dieses Prinzip noch durch einen rituell gestalteten Garten und lebende Pflanzen im Teehaus - je
nach der Jahreszeit gewählt - verstärkt wurde, ist man heute zum Zelebrieren der Schlichtheit übergegangen, und ist bemüht, die inneren Vorgänge und Qualitäten zu betonen anstatt die äußeren.
Während der Teemeister den Tee bereitet, sollen die Gäste nun in Meditation oder zumindest in Stille verharren, um das vierte Prinzip der Zoraï zu ehren. Die Gäste können sich dazu auf ein beliebiges Objekt im sparsam eingerichteten Raum konzentrieren, oder sie dürfen dem Teemeister schweigend kontemplierend bei der Zubereitung des Tees zusehen.
Es werden drei hölzerne Teeschalen für jeden Gast bereitgestellt. Der Teemeister reinigt vor den Gästen diese Schalen durch Ausspülen mit frischem heißen Wasser, das er aus einem vorbereiteten Kessel vom Ofen nimmt. Dann werden die Tassenränder, die mit Masken oder Mündern in Berührung kommen, mit sauberen frischen Stücken Tuch abgewischt; jeweils eins für jede Tasse.
In jeder Teetasse befindet sich ein Sieb aus Holz mit wenigen oder mehreren Löchern, in das die Teeblätter gegeben werden. Eigene Teekannen sind für die Teezeremonie nicht üblich. Die alten Tee-Verfärbungen werden im
übrigen nicht aus den Gefäßen geschrubbt, denn sie sorgen für einen verbesserten Geschmack und Geruch der späteren Tee-Aufgüsse, wozu sie je nach Teesorte getrennt aufbewahrt werden.
Die Teeblätter, die gut gegen Holzstaub geschützt aufbewahrt wurden, werden dann in einer bestimmten Dosis, die der erfahrene Teemeister ohne Hilfsmittel einschätzen kann, in die Siebe der einzelnen Teeschalen gelegt. Ein guter Teemeister wählt den passend erscheinenden Tee und die Dosierung für jeden Gast aus.
Für eine gute Wahl benötigt der Teemeister Wissen über den Tee und Erfahrung mit Homins, also das zweite Prinzip der Zoraï. Als Richtlinie ist empfohlen, den Gästen umso stärkeren Tee (also mit einer zunehmenden Anzahl an Teeblättern) zu bereiten, je älter sie sind.
Für die Teezeremonie muß der Tee rein sein, darf also nur aus Wasser und Teeblättern bestehen und nicht mit Zugaben oder Süßungsmitteln verfälscht werden. Der Geschmack des Tees wird daher hauptsächlich vom
verwendeten Wasser, der Qualität des Tees, seiner Menge, der Wirkzeit und den Gefäßen bestimmt.
Allerdings hat das Sap, das in den Händen des Teemeisters und der trinkenden Gäste enthalten ist, über die Schale selbstverständlich auch einen Einfluß auf die Geschmacksnote des Tees. Die Harmonie von Körper und Geist, wie im dritten Prinzip der Zoraï verankert, ist daher für eine gelungene Teezeremonie unabdinglich. Es heißt, dass ein unreiner Geist keinen lieblich schmeckenden Tee kennen kann, während ein harmonischer Geist keinen faulig schmeckenden Tee kennt.
Der Teemeister nimmt sodann einen weiteren vorbereiteten Teekessel voll heißem Wasser vom Ofen und schenkt jedem Gast den ersten Aufguß in eine Schale ein. Allerdings wird jetzt sofort das Sieb aus dieser Schale gehoben
und in eine weitere Schale gegeben. Das übrigbleibende Wasser des ersten Aufgusses wird nicht getrunken; es reinigt lediglich die Teeblätter, läßt sie sich erstmalig öffnen und mildert die Bitternis.
Durch das Öffnen des Tees verbreitet sich im Raum allmählich der Teegeruch; deswegen ist es von Bedeutung, daß die Teesorten, die der Teemeister für seine Gäste auswählt, miteinander harmonieren. Kein Tee darf im Geruch übermächtig oder unpassend sein, sodaß er den Genuß der anderen Gäste beeinträchtigen könnte.
Der Teemeister gießt dann heißes Wasser in die eigentlichen Trinkschalen, in denen jetzt die Siebe liegen. Dafür können die Teeschalen direkt vor den Gästen auf den Tisch stehen, oder der Teemeister kann den Tee vor sich aufreihen, um eine bessere Übersicht und Kontrolle über die Entfaltung des Tees in den einzelnen Schalen zu erhalten.
Jetzt kommt es auf die Teesorte und Menge der Teeblätter an, wie lange jeder Aufguß ziehen muß. Der Teemeister entscheidet darüber aufgrund seiner Erfahrung, der Farbe des Tees, der sich in der Schale entwickelt, und seines Geruchs. Für gewöhnlich wird fünf bis höchstens dreißig Sekunden gewartet, bis das Sieb aus der Schale herausgenommen, über einer leeren Tasse abgelegt und mit einem Deckel zugedeckt wird. Dadurch kann der Tee nicht weiterarbeiten.
Der Teemeister bietet die Schalen dann den Gästen und macht sie darauf aufmerksam, daß der Tee heiß ist. Nicht selten erfolgt nun noch einmal ein Dank an die Kami, ansonsten soll möglichst wenig gesprochen werden. Die Gäste sollen außerdem zuerst am Tee riechen und ihn betrachten, bevor sie ihn nach einer Abkühlungszeit trinken können. Die Teezeremonie kennt keine Eile, die Gäste dürfen sich also mit dem Genuß Zeit lassen.
Erst, wenn jeder Gast seine Schale genossen und geleert hat, wird die nächste Schale aufgegossen. Dieser Tee zieht etwas länger als der erste Aufguß, ungefähr 10 Sekunden. Der Teemeister beurteilt das am Geruch und an der Farbe. Das wiederholt sich nun mehrere Male; bei jeder Wiederholung wird der Tee länger ziehen gelassen. Wenn die Qualität des Tees gut ist, verträgt er bis zu zehn Aufgüsse. Jeder Aufguß riecht und schmeckt anders. Für gewöhnlich geht der Tee dabei allmählich von einer frischen, blumigen Note zu einer stark herben über.
Die Teehäuser in den Neuen Landen reichen übrigens - außer in der Fastenwoche der Erinnerung - heute gern verschiedene einfache Imbisse zum
Tee, die so gewählt sind, daß sie das Aroma des jeweils gleichzeitig servierten Aufgusses komplimentieren und seine spezielle Note herausstreichen. Das soll auch Nicht-Zoraï und älteren Homins helfen, die Unterschiede zu genießen. Zu Slaveni-Tee gehört beispielsweise oft eine leicht gesüßte Cremé, die in ein mariniertes Slaveniblatt eingewickelt ist und die Größe eines einzigen Bisses hat.
Es hat sich teilweise eingebürgert, daß der Teemeister den Gästen auf Aufforderung überlieferte Geschichten des Zoraï-Volkes erzählt, vorzugsweise über Tee, die Teezeremonie und die Teehäuser in den Alten Landen. Ein gemessenes Gespräch darüber ist erlaubt, aber es soll keine ausgelassene Fröhlichkeit und schon gar kein oberflächliches Geplauder entstehen.
Ist der letzte Aufguß erfolgt und der letzte Imbiß verspeist oder schweigend von sich geschoben worden (was den Gästen erlaubt ist, anders als laute Kritik, welche sehr verpönt ist), gilt die Teezeremonie als beendet. Der Teemeister verbeugt sich erneut vor den Gästen, dankt ihnen und noch einmal auch den Kami für die Zeremonie.
Die Gäste dürfen noch so lange bleiben und dabei still meditieren, wie sie möchten; während der Teemeister eine erneute Reinigung aller Gefäße vornimmt und sich dann ebenfalls zur Meditation niedersetzt - bis die Gäste sich verabschieden. Die Bezahlung für die Teezeremonie erfolgt durch Boten ungefähr einen Tag später, die Gäste bestimmen selbst über die Höhe der Vergütung je nach Zufriedenheit.
Die Reinigung der Schalen wird übrigens über einem hölzernen Zuber durchgeführt, das Wasser für die Öffnung der Teeblätter, die ausgelaugten Blätter selbst sowie jegliche Teereste aus den Schalen werden nach dem Verabschieden der Gäste dazugeschüttet. Früher wurde dieses Wasser nach dem Erkalten für die Gartenpflege des Teehauses benutzt, doch heute wird es meist nur weggegossen. Es sollte keinesfalls zu einer künftigen Reinigung weiterverwendet werden, nicht einmal für den Boden des Teehauses.
(Autor: Zhoi (Leanon))